Jannik hat Bauingenieurwesen an der TU Hamburg studiert und währenddessen in Teilzeit in einem geotechnischen Ingenieurbüro gearbeitet. Seit 2018 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geotechnik und Baubetrieb der TU Hamburg beschäftigt.
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Wie bin ich zur Promotion an die Uni gekommen?
Schon als Kind war ich an technischen Gegenständen interessiert und ich habe gerne Sachen gebaut, so dass es nicht verwunderlich war, dass ich später zum Bauingenieurwesen kam. Durch das Arbeiten während des Studiums im Ingenieurbüro meines Vaters habe ich dann die gelernte Theorie direkt in die Praxis umsetzen können. Dort habe ich dann von der eigenständigen Baugrunderkundung, Durchführung der Laborversuche, bis hin zur Bemessung geotechnischer Strukturen, Erarbeitung von Gründungsempfehlungen und Bauüberwachung viel gelernt. Obwohl ich viel Spaß an der Arbeit fand, war für mich zum Ende des Masterstudiums klar, dass ich mich noch intensiver mit dem Fachgebiet auseinandersetzen wollte und habe mich für die Promotion in bekannter Umgebung an der TU Hamburg entschieden. Nachdem ich mich zunächst nur schwer von geotextilbewehrten Tragschichten, an deren Tragverhalten ich im Rahmen meiner Masterarbeit forschte, trennen konnte, bin ich nun froh bei einem Hafen nahen Forschungsthema über Kaimauern bzw. kombinierte Spundwände gelandet zu sein.
Kombinierte Spundwände
Ich bearbeite ein Forschungsprojekt der FOSTA / aif, in welchem die Bemessung kombinierter Spundwände optimiert werden soll und möchte auch in diesem Bereich promovieren. Als kombinierte Spundwände wird die Kombination aus Tragbohlen, bspw. Doppel-T Träger oder Rohre, und mittels Stahlschlössern verbundenen Zwischenbohlen bezeichnet (siehe Abbildung 1). Bei diesem Tragsystem übernehmen die Tragbohlen, welche tiefer in den Baugrund eingebracht werden, als die Zwischenbohlen, den Großteil des Lastabtrags. Durch die Verwendung dieser zusätzlichen Zwischenbohlen kombiniert mit klassichen Spundwandelementen erreicht man deutlich größere Biegesteifigkeiten, um auch hohe Geländesprünge absichern zu können.
Diese werden insbesondere im Hafenbau verwendet, um hohe Geländesprünge von Kaimauern abzusichern. Mir gefiel die Nähe des Projekts zur Praxis und zum Wasserbau. Mir war allerdings zu dem Zeitpunkt nicht klar, dass ich mich in der Zukunft noch viel mit Stabilitäts- und Stahlbaunachweisen befassen müsste. Rückblickend ist es aber auch als “Vollblutgeotechniker” nicht verkehrt sich mit Themen dieser Art zu befassen. Was habe ich zur Untersuchung des Tragverhaltens kombinierter Wände also in den letzten 2 Jahren gemacht?
Einflüsse aus Herstellungsprozessen
Zurzeit werden kombinierte Wände unabhängig vom Einbringverfahren für den Endzustand bemessen. Ich habe daher im Rahmen einer Messkampagne die Einbringung einer etwa 30 m langen Tragbohle in Cuxhaven begleitet, um die Einflüsse aus der Herstellung auf den Endzustand zu untersuchen.
Zumeist erfolgt bei sandigen Bodenverhältnissen zunächst die Einbringung mittels Vibration gefolgt von einer schließenden, schlagenden Nachrammung mit einem Rammbär. Bei dem Bauprojekt wurde das Profil vom Wasser aus in einer Neigung von 1 : 20 installiert. Während der Vibration wurde das Profil auf Höhe der Oberkante der Bestandskaimauer mit kammförmig angeordneten Stahlträgern geführt. Die Tragbohle wurde unter anderem mit Dehnmessstreifen und Beschleunigungsaufnehmern ausgestattet. An den Einbringgeräten und der Rammführung wurden ebenfalls Beschleunigungsaufnehmer installiert.
Aus den vielen Messdaten konnten wir unter anderem eine Reduktion der horizontalen Beschleunigungen im Profil infolge des Kontakts zur Rammführung ermitteln. Weiterhin zeigte sich ein Einfluss auf die Lage im Endzustand. Die Ergebnisse könnt ihr im Detail in [L1] und die Verwendung der Auswertung der Highspeed Kamera Aufnahmen in [L2] sehen. Das nachfolgende Video zeigt eine Kurzfassung der Installation der Messtechnik und Durchführung der Messkampagne.
Um die Einflüsse der Rammführung auch bei anderen Konfigurationen zu untersuchen, führe ich numerische Untersuchungen an einem Ersatzmodell durch, welche ich mit den Daten aus der Messung vergleichen kann.
Bettung von Tragbohlen im Boden
Infolge einer Normenumstellung (Umstellung von DIN 18 800 auf DIN EN 1993-1-1 (EC 7-1)) sind Tragbohlen kombinierter Spundwände gegen Biegedrillknicken (Versagen eines Trägers infolge eines Biegemoments). Hieraus ergibt sich bei den teils wenig torsionssteifen Profilen rechnerisch ein Problem, da das Nachweisformat die haltende Wirkung des Bodens nicht berücksichtigt. Hier wird also ein Profil gerechnet, als würde es gar nicht im Boden stehen.
Daher befasse ich mich mit dem lateralen und rotatorischen Widerstand von Doppel-T Profilen im Boden und begann mit kleinmaßstäblichen Laborversuchen, die Flügelscherversuchen mit “Miniatur-Tragbohlen” ähnelten. Hier habe ich festgestellt, dass auch bindiger Boden, wie er häufig im Bereich von Hafenbauten oberhalb tragfähigerer Böden ansteht, bereits einen deutlichen Widerstand gegen die Verdrehung der Profile aufbringt.
Nach weiteren numerischen Untersuchungen habe ich eine Versuchsreihe geplant, bei der ich eine Tragbohle vor einer Bestandskaimauer einbringen und anschließend im Boden verdrehen wollte (siehe Abbildung 2). Da die bestehende Konstruktion nicht belastet werden durfte und es um Messungen im Hochwassergebiet ging, musste ich immer wieder umplanen (siehe Abbildung 3). Letztendlich habe ich im Februar 2020 dann das Profil zunächst in etwa 6 m Klei eingebracht, es dort verdreht, bevor es tiefer in die Sande eingebracht wurde.
Bei der Einbindung des Profils in den Sand und den Klei wurde das Profil erneut verdreht und abschließend noch lateral verschoben. Während dieser Versuche wurde das Torsionsmoment am Kopf, die Verdrehung des Profils über die Höhe, die Erd- und Porenwasserdrücke am Profil sowie die Bewegung am Kopf gemessen. Anhand dieser Messungen konnte ich durch Lösung der Differentialgleichungen des elastisch gebetteten Torsions- und Biegebalkens Drehfedersteifigkeiten sowie laterale Federsteifigkeiten ermitteln.
Nun bin ich soweit, dass ich die Versuche mittels dreidimensionaler, numerischer Simulationen nachgerechnet habe. Anhand einer durchgeführten Parametervariation möchte ich nun einen Formel-Ansatz zur Ermittlung der Steifigkeiten ermitteln.
Wie geht es weiter?
Zusammen mit weiteren numerischen Simulationen möchte ich das Projekt mit Hinweisen zur optimierten Bemessung kombinierter Stahlspundwände abschließen. Dazu erarbeite ich gemeinsam mit meinem Projektpartner an der Uni Stuttgart, welcher sich mit weiteren Stahlbauproblemen der Thematik befasst, einen überarbeitet Bemessungsansatz. Anschließend daran werde ich mich weiter mit dem räumlichen Tragverhalten kombinierter Spundwände auseinandersetzen und darüber dann auch promovieren.
Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben 19937 / 1327 “Optimierte Auslegung von kombinierten Spundwänden für den Einbringvorgang und den Endzustand” der FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V., Düsseldorf, wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Das Vorhaben wird am Institut für Geotechnik und Baubetrieb (TUHH) sowie Institut für Konstruktion und Entwurf (Uni Stuttgart) durchgeführt.
Literatur
[L1] Beuße, J., & Grabe, J. (2020a). Messtechnische Begleitung der Einbringung einer Tragbohle mittels Vibration und Schlagrammung. geotechnik, 43(2). https://doi.org/10.1002/gete.201900024
[L2] Beuße, J., & Grabe, J. (2020b). Zum Messen der Bewegungen und Verformungen einer Tragbohle im Zuge einer schweren Rammung. Tagungsband zum Fachseminar Messen in der Geotechnik 2020 in Braunschweig, Band 110.
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