Sarah Schumski und Julia Christina Godlewska beschäftigen sich im Rahmen ihrer Masterarbeiten mit der Standsicherheit von Uferböschungen an der Ahr am Beispiel der Stadt Schuld. Die Ergebnisse der Standsicherheitsanalyse werden den Auswirkungen von zukünftig eintretenden Hochwasserereignissen im Ahrtal gegenübergestellt. Die Masterarbeit entsteht unter der Betreuung von Prof. Dr. Tobias Backers, Leiter der Arbeitsgruppe Ingenieurgeologie und Felsmechanik an der Ruhr-Universität Bochum in Kooperation mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz und der Taberg Ingenieure GmbH.

(Abb.: Sarah Schumski)

Sarah Schumski hat von 2016 bis 2020 ihren Bachelor of Science im Fach Geowissenschaften an der Universität zu Köln absolviert. Daraufhin hat sie 2020 ihren Master an der Ruhr-Universität Bochum begonnen und 2022 abgeschlossen.

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(Abb.: Julia Godlewska)

Julia Godlewska hat von 2017 bis 2020 ihren Bachelor of Science und von 2020 bis 2022 ihren Master of Science im Fach Geowissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum absolviert. Seit April 2021 arbeitet sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik in der Arbeitsgruppe Ingenieurgeologie und Felsmechanik und beschäftigt sich im Rahmen des Projekts DRAGON Ruhr.nrw mit der Digitalisierung von Geländeexkursionen im Geoingenieurwesen. Ab Februar 2023 wird sie ihre Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe weiterhin dem Projekt DRAGON Ruhr.nrw widmen können.

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Am 14. und 15. Juli 2021 kam es in Westeuropa durch Starkregen zu einem Hochwasserereignis. Allein in Rheinland-Pfalz gab es 700 Verletzte und mindestens 135 Tote. Besonders stark betroffen war unter anderem das Ahrtal in Rheinland-Pfalz. Mehr als 70 % der Gebäude entlang der Ahr wurden beschädigt, 10 % komplett zerstört. Das Ahrtal befindet sich im Norden des Rheinischen Schiefergebirges, südwestlich Bonns. Die Ahr schneidet sich durch devonischen Fels und bildet so steile Prallhänge entlang des Ufers. Am Beispiel von Schuld im Ahrtal werden drei Böschungsabschnitte im Bereich der Prallhänge geomechanisch untersucht und hinsichtlich der Standsicherheit analysiert.

Geomechanische Situation der Uferböschungen in Schuld
Bei dem die Uferböschungen in Schuld bildenden Fels, handelt es sich um einen
verwitterungsresistenten sandigen Tonstein mit stellenweise auftretender Schieferung (Abbildung 1), was auf eine starke Vorbeanspruchung der Gesteine schließen lässt. Ein hohe Anzahl an Trennflächen und Lockergesteinsabschnitte mit bis zu 25 m Breite beeinflussen die Stabilität der Uferböschungen. Versagens- und Ablösemechanismen wie Gleiten (Abbildung 2) oder Kippen (Abbildung 3) können nicht ausgeschlossen werden. Außerdem ist eine Keilbildung abschnittsweise möglich, woraus Massenbewegungen, also die Bewegung von Teilen der Böschung, resultieren können. Kommt es im Bereich der Uferböschungen zu einem Versagen, sind die auf der Böschungsoberkante erbauten Gebäude gefährdet.

Abbildung 1: 3D Modell eines in Schuld entnommenen Handstücks, gelb markiert sind geschieferte Bereiche (Godlewska 2022, CC-BY-SA 4.0)
Abbildung 2: Böschungsbereich in Schuld, an dem ein Gleiten möglich ist (Godlewska 2022, CC-BY-SA 4.0)
Abbildung 3: Böschungsbereich in Schuld, an dem Kippen langfristig möglich ist (Godlewska 2022, CC-BY-SA 4.0)

3D Modelle Veranschaulichung
Zur Veranschaulichung der geomechanischen Zusammenhänge der einzelnen Böschungsabschnitte werden 3D Modelle mittels Photogrammetrie erstellt. Das digitalisierte Untersuchungsgebiet in Schuld (http://tiny.cc/Ahrtal3D) und einige Handstücke (http://tiny.cc/Handstueck1, http://tiny.cc/Handstueck2
und http://tiny.cc/Handstueck3) können über die Plattform Sketchfab betrachtet werden.

Vergangene Hochwasserereignisse im Ahrtal und Prognosen
75 Hochwasserereignisse sind seit dem 14. Jahrhundert im Ahrtal dokumentiert. Dabei sind die Überschwemmungen etwa zur Hälfte entweder auf Schneeschmelzen im Winter oder auf Starkregenereignisse im Sommer zurückzuführen. Seit dem 19. Jahrhundert haben sich fünf von sechs
besonders schweren Überschwemmungen aufgrund von Starkregen ereignet. Bereits 1804 und 1910 gab es Hochwasserereignisse, die von der Abflussmenge her mit dem Hochwasser von 2021 zu vergleichen sind (Abbildung 4). Dies zeigt, dass mit Überschwemmungen ähnlichen Ausmaßes immer wieder gerechnet werden muss.

Abbildung 4: Abflussmenge Q der Hochwasserereignisse in den Jahren 1804, 1910 und 2021 (Godlewska 2022, CC-BY-SA 4.0)

Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Starkregenereignissen hat in Deutschland in den letzten 65 Jahren um 25 % zugenommen. Bis zum Jahr 2100 wird nochmals ein ähnlicher Anstieg erwartet. Die Intensität von 24-Stunden Starkniederschlägen hat in Westeuropa ebenfalls um 3 % bis 19 % im Vergleich zu
präanthropogen beeinflussten Klimabedingungen zugenommen. Zukünftig ist somit ein Anstieg des Starkregenrisikos zu erwarten.

Auswirkungen von Starkregen und Hochwasserereignissen auf die Böschungsstabilität
Im Zusammenhang mit dem Hochwasserereignis 2021 wurden im Ahrtal mindestens 164 Massenbewegungen festgestellt, von denen mindestens 10 in Schuld auftraten. Ein erhöhtes Wasseraufkommen kann in Bezug auf Massenbewegungen prozessauslösend wirken. Bei Eintreten eines Hochwassers kann Wasser in die Trennflächen gelangen. Bei schnellem Abfließen des Wassers
außerhalb der Böschung, was besonders für Sommerhochwasser typisch ist, verbleibt Wasser innerhalb der Trennflächen. Das Resultat ist ein hoher Auftrieb innerhalb der Trennfläche, der zu Zugspannungen und so zu Ablösungen von Gestein oder Fels führen kann. Bereits der Wasserdruck innerhalb der Trennfläche kann eine Verringerung der Reibung und so auch der Scherfestigkeit
herbeiführen. Ein Versagen des Hangs wird so begünstigt.

Weitere Faktoren, die zu einer Massenbewegung infolge eines Hochwasserereignisses führen können, sind die Veränderlichkeit von Tonen und Tonsteinen, Gefrier- und Tauprozesse, erhöhte Auflast durch wassergesättigtes Bodenmaterial und die Aktivierung von sekundären Prozessen, wie zum Beispiel
Schuttströmen. Langfristig können Erosionen des Böschungsfußes folgen, wodurch die Auflast am Oberhang zu groß wird, und eine Rutschung aktiviert wird.

Hochwasserschutzmaßnahmen – Was ist geplant und was ist nötig?
Zukünftig erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeiten und Intensitäten von Starkregenereignissen können zu Überschwemmungen und somit zu Ablösung von Material im Böschungsbereich führen. Hochwasserschutz-Maßnahmen sind somit zumindest stellenweise zu ergreifen. Als Reaktion auf die Überschwemmungen wurden bereits im September 2021 die Ausweisungen für die Überschwemmungsgebiete in Rheinland-Pfalz aktualisiert. Dezentrale Hochwasserschutzmaßnahmen, wie die abschnittsweise Renaturierung der Ahr sind in Planung oder teilweise bereits abgeschlossen. Weitere dezentrale Maßnahmen, wie beispielsweise der Ausbau von Schutzpoldern können die Folgen bei einem erhöhten Wasseraufkommen dezimieren. Technische Maßnahmen, wie der Verbau von Böschungen werden zumindest im Bereich der Lockergesteinszonen langfristig nötig sein.

Übertragbarkeit auf das gesamte Ahrtal
Die geomechanischen Eigenschaften und die Verfaltung des Gebirges sowie der schleifenbildende Verlauf der Ahr und die aus dem Einschneiden des Flusses resultierenden Prallhänge sind im gesamten Ahrtal wiederzufinden. Das Ergebnis der Uferböschungsanalyse hinsichtlich zukünftiger Hochwasserereignisse ist somit in Teilen auf das gesamte Ahrtal übertragbar.

Ausblick – Projekt DRAGON Ruhr
Die erhobenen Daten werden über die Masterarbeit hinaus im Rahmen des Projekts DRAGON Ruhr.nrw zur Digitalisierung von Lehrmitteln im Geoingenieurwesen verwendet. Das Projekt wird durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert und findet unter der Konsortialführung der Ruhr-Universität Bochum zusammen mit der Technischen Universität Dortmund und der Universität Duisburg Essen statt.

Das Projekt DRAGON.Ruhr.nrw ist ein Kooperationsvorhaben

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