(Foto: Magdalena Radic)

Magdalena Radic schloss das Bachelorstudium „Bauingenieurwesen“ mit Ihrer Bachelorthesis am Institut für Geotechnik an der Universität Stuttgart ab. Seit Oktober 2021 studiert sie im Masterstudiengang „Bauingenieurwesen“ mit der Vertiefungsrichtung „Konstruktiver Ingenieurbau“ an der Universität Stuttgart. Seit Juni 2021 unterstützt sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Geotechnik in Forschung und Lehre. In ihrem Blogbeitrag berichtet sie über die Ergebnisse ihrer Bachelorarbeit am Institut für Geotechnik. Dabei untersuchte sie experimentell das Tragverhalten von unbewehrten und bewehrten Arbeitsplattformen für Kranstellflächen unter zyklischer Belastung.

Fahrzeug- und Raupenkräne, sowie viele weitere mobile Baumaschinen des Spezialtiefbaus, werden für eine Vielzahl von Bauvorhaben eingesetzt. Unter Berücksichtigung aller zu erwartenden Betriebs- und Lastzustände ist die Sicherheit beim Aufstellen sowie während der Nutzung von mobilen Baumaschinen zu gewährleisten. Aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten werden meist temporäre Arbeitsplattformen bestehend aus aufgeschütteten und verdichteten Erdbaumaterialien verwendet. Diese können durch eine oder mehrere Geokunststofflagen verstärkt werden. Allerdings besteht für die aktuellen Bemessungsvorschriften und technischen Richtlinien, insbesondere zum Tragverhalten unter zyklischer Belastung, noch deutlicher Optimierungsbedarf. Zyklische Einwirkungen aus der Aufstellung und dem Betrieb der Baumaschinen erzeugen zusätzliche Verformungen mit einhergehenden Setzungsdifferenzen, die zu einer Schiefstellung und somit zur Erhöhung der Gefahr des Umkippens der Baumaschine führt. [1]

Ziel der Forschung zur Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit von mobilen Baumaschinen und Kränen am Institut für Geotechnik der Universität Stuttgart ist es daher, die bereits vorhandenen Bemessungsvorschriften technisch weiterzuentwickeln, sowie ökonomisch zu optimieren. Im Rahmen meiner Bachelorarbeit habe ich mittels kleinmaßstäblicher Modellversuche im Maßstab 1:6 für quadratische Lastplatten (Stützbeine) den Einfluss aus variablen Einwirkungen und damit aus der Art der Belastung auf das Trag- und Verformungsverhalten untersucht. [1]

Tragschichtsysteme und Tragmechanismen

Der Aufbau eines unbewehrten Tragschichtsystems (Zwei-Schicht-System) ist durch einen weichen Untergrund (Weichschicht) und einer darüberliegenden Tragschicht mit hoher Scherfestigkeit und Steifigkeit charakterisiert. Durch die äußeren Einwirkungen auf die Tragschicht, z.B. durch das Aufstellen einer Mobilkranstütze, hat die Tragschicht größtenteils eine lastverteilende Wirkung. Der Einsatz von Geokunststoffe als Bewehrung zeigt dabei im Grenzbereich des weichen Untergrunds und der Tragschicht ihre größte Wirkung. Die dabei entstehenden und für die Bemessung günstig wirkenden Tragmechanismen sind [2]:

  • Seitliche Abstützung (Interlocking-Effekt): Die Tragschichtkörnungen verzahnen sich in den Öffnungsweiten des Geogitters.
  • Erhöhung der Tragfähigkeit: Die Geogitterbewehrung nimmt die Scherspannungen auf, die primär auf den weichen Untergrund übertragen werden sollen.
  • Zugmembraneffekt: Durch die Mitverformung des Geokunststoffs wird die Eigenschaft der Bewehrung aktiviert. 
  • Trennwirkung: Ein Vermischen der beiden Bodenarten soll verhindert werden.

Diese Tragmechanismen können gegebenenfalls auch für die Betrachtung unter zyklischer Belastung angenommen werden. [2]

Gotschol [3] grenzt die Begriffe „zyklisch“, „zyklisch-dynamisch“ und „dynamisch“ folgendermaßen voneinander ab:

  • zyklisch: 0 <f ≤1 Hz
  • zyklisch-dynamisch: 1 <f ≤10 Hz
  • dynamisch: f>10 Hz 

In Abbildung 1 ist das elastische (reversible) und plastische (irreversiblen) Bodenverhalten unter zyklischer Belastung dargestellt. Im elastischen Bereich kann der sogenannte Shakedown entstehen. Dieser beschreibt die Situation, wenn der Dehnungsverlauf sich einer horizontalen Asymptote annähert. Im plastischen Bereich tritt die sogenannte zyklische Beruhigung auf. Diese beschreibt den Dehnungsverlauf, welcher sich einer linearen Asymptote annähert. [4]

Abbildung 1: Elastisches und plastisches Bodenverhalten unter zyklischer Belastung (Abb.: Magdalena Radic)

Durchführung der Modellversuche

AAls ein Teil einer umfangreichen Versuchsmatrix sind nach ausgiebigen Vorversuchen und fünf kleinmaßstäbliche Modellversuche im Maßstab 1:6 unter zyklischer Belastung durchgeführt worden. Der dafür vorgesehene Versuchskasten ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Versuchskasten mit Spindelpresse (links) und 3D-Modell (rechts) (Abb.: Magdalena Radic)

Die Belastung wurde mit einer quadratischen Lastplatte eingeleitet. Die Laststeuerung erfolgte mit einer Kugelumlaufspindelpresse (siehe Abbildung 2), welche sich insbesondere für zyklische Einwirkungen eignet. Als weicher Untergrund wurde im Modellversuch Kaolin verwendet. Für die Tragschicht diente ein Korngemisch, welches an der skalierten Korngrenzlinie der ZTV SoB-StB angelehnt ist. Weiterhin kommen zwei verschiedene und skalierte Modellgitter (siehe Abbildung 3) zum Einsatz.

Abbildung 3: Modellgitter -Fischernetz G1 (rechts) und -Armierungsgitter G2 (links)

Untersuchte Lastfälle

Für das Belastungskonzept wurden konventionelle 2-, 3-, 4-, 5- achsige Mobilkran-Modelle der Liebherr-Reihe betrachtet. Zudem wird in zwei Lastfälle differenziert:

  1. Aufnehmen und Absetzen einer maximalen Last bei maximaler Ausladung
  2. Aufnehmen der maximalen Last mit einer anschließenden 180° Drehung bei maximaler Ausladung


Maßgebend ist dabei der erste Lastfall, da hier die größeren Stützlasten auftreten. Die Dauer für das Aufnehmen und Absetzen der jeweiligen Kranmodelle entspricht der festgelegten Periodendauer einer Zyklik. Die Stützlastberechnung erfolgte für die jeweiligen Mobilkräne mit Hilfe des LICCON Einsatzplaners. Die ermittelten Werte dienen zum Festlegen der Kraftamplituden für das Belastungskonzept. Die schematische Darstellung des Belastungskonzepts ist in Abbildung 4 zu sehen.

Abbildung 4: Schematisches Belastungskonzept (Abb.: Magdalena Radic)

Für die erste Zyklenphase ist die obere Last Fo,i (Stützlast beim Aufnehmen) und die untere Last Fu,i (Absetzen) festgelegt. Dies entspricht der Einwirkung eines 2-achsigen Mobilkrans. Analog wurden in der zweite und dritte Zyklenphase die Stützenlasten eines 3- und 4-Achsers festgelegt. Der 5-Achser wurde im Weiteren vernachlässigt, da die Stützlasten zwischen dem eines 3- und 4-Achsers beträgt. Nach der zyklischen Belastungsphase werden die jeweiligen Tragschichtsysteme bis zum Erreichen des Bruchzustandes monoton belastet, um den Einfluss der zyklischen Vorbelastung zu untersuchen. Während der Versuche werden die aufgebrachte Last mittels einer Kraftmessdose und die Setzungen an der Oberkante der Tragschicht mit insgesamt 13 Wegaufnehmern gemessen..

Ergebnisse der Modellversuche

Mit Hilfe dieser Versuche ist es möglich, die Verformungen und das zyklische Tragverhalten aus der Variation der Belastungsphasen, der Zyklenzahl und des Modellgitters zu analysieren. Dabei wurden zwei unbewehrte Tragschichtsysteme mit unterschiedlicher Kornverteilung, in Anlehnung an die Korngrenzlinie der ZTV SoB-StB, verwendet. Die Tragschicht hinsichtlich der oberen Korngrenzlinie (t1) zeigt eine geringere Tragfähigkeit als die Tragschicht hinsichtlich der unteren Korngrenzlinie (t2). 

Zyklische Setzungsakkumulation und Durchstanzeffekte

In Abbildung 5 ist das Kraft-Setzungs-Diagramm in Form von Hystereseschleifen aller zyklischen Versuche dargestellt. Die Ergebnisse aus den Modellversuchen zeigen große Verformungen infolge zyklischer Setzungsakkumulation. Die Versuche weisen dabei überwiegend einen auf Durchstanzeffekte zurückzuführenden Verformungsbruch auf. Die verwendeten Modellgitter erzielten mit höheren Steifigkeitseigenschaften eine höhere Tragfähigkeit. Darüber hinaus ist der Einsatz von Geokunststoffbewehrung in Tragschichtsystemen in Bezug auf die Tragfähigkeit als sehr effektiv anzusehen und erhöht demzufolge den Grundbruchwiderstand. Zu beachten ist jedoch, dass eine Mindestverformung zur Aktivierung der Geokunststoffbewehrung notwendig ist. Bewehrte Systeme zeigen während der Bruchbelastung ein annähernd lineares Setzungsverhalten.

Abbildung 5: Kraft-Setzungs-Diagramm (Abb.: Magdalena Radic)

Setzungsverläufe

Der Setzungsverlauf der Lastplatte in Abhängigkeit der Zyklenanzahl n ist für die drei verschiedenen Zyklenphasen in Abbildung 6 dargestellt. Die kleine Kraftamplitude der ersten Zyklik erzeugt am Anfang größtenteils plastische Verformungen und führt zu einer Verfestigung des Bodens. Mit zunehmender Zyklenanzahl verhält sich das System verstärkend elastischer. Aus der größeren Kraftamplitude in der zweiten und dritten Zyklik treten auch mit steigender Zyklenanzahl weiterhin plastische Verformungsanteile auf. Die Belastungsdauer spielt bei einer größeren Lastamplitude eine geringere Rolle. Die restlichen Verläufe (t = 12, t = 20 s) zeigen eine Annäherung an die horizontale Asymptote und damit den Shakedown für die ersten Zyklik. Ab der zweiten Zyklenphase sind verstärkt plastische Verformungen zu erkennen. Die Kurve nähert sich hier einer schiefen Asymptote an und beschreibt somit die zyklische Beruhigung.

Abbildung 6: Zyklenanzahl-Setzungs-Diagramm (Abb.: Magdalena Radic)

Ausblick

Die qualitativen Messungen eignen sich als Grundlage für aufbauende Versuche und sind in Kombination mit weiteren vielfältigen Versuchsserien ein wichtiger Baustein zur Beantwortung der relevanten Fragestellungen. Als großer Vorteil von kleinmaßstäblichen Modellversuchen, insbesondere im Maßstab 1:6, ist nicht nur die zeitliche Komponente zu sehen, sondern auch der geringe Materialeinsatz. Dies ermöglicht eine effektive Durchführung von ganzen Versuchsreihen unter variierenden Randbedingungen, wie z.B. der Belastungsdauer, der Lastamplitude, der Zyklenanzahl sowie der Bodenparameter. Alles in Allem zeigen die kleinmaßstäblichen Untersuchungen, dass durch den gezielten Einsatz von Geokunststoffbewehrung in Tragschichten eine Erhöhung der Tragfähigkeit insbesondere hinsichtlich zyklischer Belastungen effektiv erreicht werden kann.

Ich danke dem Institut für Geotechnik der Universität Stuttgart für die Bereitstellung dieser Themenstellung und die Möglichkeit, einen kleinen aber wichtigen Beitrag zur Arbeitssicherheit im Kranbetrieb zu leisten. Bevor ich mich mit der Thematik meiner Abschlussarbeit beschäftigt habe, konnte ich die Umsetzung der erworbenen Theorie im Bachelorstudium nicht richtig einschätzen. Durch diese Arbeit habe ich auch eine Leidenschaft für Messtechnik und Versuchsdurchführung in der Geotechnik entwickelt. Auch der Einsatz von Geokunststoffen in der Geotechnik hat mein Interesse geweckt und ich möchte meine Kenntnisse in diesem Bereich im Masterstudium weiter vertiefen.

Literatur

[1]    Moormann, C.: Tragschichten für Arbeitsplattformen von mobilen Baumaschinen und für Kranstellflächen, Stuttgart, 2018.

[2]    Leng, J.: Characteristics and Behavior of Geogrid-Reinforced Aggregate under Cyclic Load, Dissertation, North Carolina State University, 2002.

[3]    Gotschol, A.: Veränderlich elastisches und plastisches Verhalten nichtbindiger Böden und Schotter unter zyklisch-dynamischer Beanspruchung, Dissertation, Schriftenreihe Geotechnik, Heft 12, Kassel, 2002.

[4]    Meißner, S.: Numerische Studien zum in-situ Setzungsverhalten von Gründungssystemen unter zyklischer Einwirkung in nichtbindigen Böden. Mitteilungen des Instituts für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen der Technischen Universität Darmstadt, Heft 42, Darmstadt, 2014.

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